Verfasst am 27.11.2021
Heute jährt sich mein Helikopterflug zum zweiten Mal. Aber von vorne…
Im Sommer 2019 hatte ich immer größere Wunden und damit immer mehr Schmerzen. Ich habe mit verschiedenen Ärzten verschiedene Opiate ausprobiert, aber nichts hat geholfen. Im Oktober wurde ich dann immer schwächer. Ich war oft beim Arzt und habe Eisen Infusionen bekommen, aber es wurde immer schlimmer. Meine Familie dachten es wäre psychisch bedingt. Sie versuchten immer wieder etwas mit mir zu unternehmen und schickten mich zum Psychologen (zum Teil war es inzwischen sogar schon psychisch) aber der Hauptgrund für meinen Zustand war natürlich die Sepsis (was wir damals aber noch nicht wussten).
Nach meinem Geburtstag (19.10) im Oktober 2019 habe ich kaum noch was bei mir behalten und hatte kaum noch Kraft aufzustehen. Ich lag nur noch im Bett, wollte nichts essen, denn mir war die ganze Zeit schlecht und ich habe auch gleich alles wieder erbrochen, was ich zu mir genommen hab. Schon der Gang zur Toilette war die reinste Qual. Ich hatte trotz starker Schmerzmittel höllische Schmerzen, hatte keine Kraft mehr und auch der Verbandswechsel jeden Tag war die reinste Qual. Ich konnte nicht mehr ich wollte nur noch schlafen, bis es mir endlich besser gehen würde. Am 25.10 bin ich dann schließlich freiwillig in die Notaufnahme gefahren. Es war Freitagabend und ich habe ewig gewartet, bis ich endlich aufgenommen wurde…
Ich war 1 Woche in diesem Krankenhaus und die Ärzte haben nichts gefunden. Deshalb haben Sie nach einem anderen Krankenhaus gesucht, das mich aufnimmt und sich mit meiner Grunderkrankung (Epidermolysis bullosa (EB)) auskennt. Das war schwierig, denn die meisten Kliniken waren nicht bereit mich aufzunehmen. Und in der Klinik in Salzburg in der ich sonst immer bin, war gerade ein Virus ausgebrochen und somit war die gesamte Station gesperrt. Nach langem Suchen hat sich die Hautklinik in Freiburg dazu bereit erklärt mich aufzunehmen. Ich fuhr 4 Stunden im Rettungswagen dorthin. Doch schon in der ersten Nacht dort brach ich zusammen, wurde bewusstlos und kam auf die Intensivstation. Dort wurde die Sepsis, starke unter Ernährung und dadurch ein Mangel an sämtlichen Vitaminen und Mineralstoffe festgestellt. Ich kämpfte tagelang um mein Leben. Außerdem stand ich in dieser Zeit unter starken Medikamenten und kann mich an diese Zeit kaum erinnern. Als ich langsam wieder wach wurde war ich noch lange nicht klar im Kopf und hatte starke Halluzinationen. Ich habe Menschen und Dinge gesehen die eigentlich gar nicht da waren. Außerdem hatte ich eine Art von Epileptische Anfällen. Das ging ca 5 Tage und so ich habe über 60 Stunden am Stück nicht geschlafen, da ich wahnsinnige Angst hatte vor dem was ich aufgrund der Halluzinationen gesehen habe. Außerdem hatte ich wahnsinnige Angst zu Sterben. Ich dachte ich komme nie wieder aus diesem Krankenhaus raus.
Nach ein paar Tagen unter höllischer Angst und Halluzinationen wurde es langsam besser und ich wurde langsam wieder klar im Kopf. Doch ich konnte mich an vieles was vor der Sepsis war nicht mehr erinnern. Ich hatte vergessen wo Rechts und Links ist, meinen Handy PIN und vieles mehr. Die Erinnerung kam aber nach ein paar Tagen und mit Unterstützung meiner Eltern wieder zurück. Da es mir etwas besser ging sollte ich in ein anderes Krankenhaus, näher an meinem Heimatort verlegt werden. Das war aber ein weiter Weg, sodass ich mit einem Helikopter fliegen sollte. Als alles organisiert war fuhr mein Vater Sonntagabend vor in die neue Klinik. Ich wartete mit meiner Mutter auf den Helikopter, der am nächsten Morgen kommen sollte. Doch ich konnte 3 Tage lang nicht fliegen da es zu neblig war. Ich war am Boden zerstört. Ich wollte nur noch weg aus Freiburg und in die neue Klinik da dort weitere Behandlungsmöglichkeiten für mich gab. Ich wollte einfach vorankommen. Meine Mutter hatte in diesen 3 Tagen nur noch einen Rucksack mit den nötigsten Sachen bei sich und ich hatte nur noch mein Handy und mein Ladekabel bei mir. Alles andere hatte mein Vater ja schon mitgenommen. Am Mittwoch in der Früh hieß es du fliegst heute Nacht und wenn es erst nachts um 2 ist. Meine Mutter sollte am nächsten Tag mit dem Zug nachkommen. Am Abend um 20:00 Uhr war es endlich so weit: Es kam ein Helikopter der einen Patienten einlieferte und dieser sollte mich gleich mitnehmen. Ich von dem Heilteam abgeholt. Aber auch das lief nicht ohne Probleme. Nach ca 20 min Flug mussten wir zwischenlanden, um den Piloten zu wechseln. Da dieser seine Schicht beendet hatte. Doch der eigentliche Pilot war plötzlich erkrankt, sodass wir über 1 h auf dem Ersatzpiloten warten mussten. Gegen Mitternacht kam ich endlich in der neuen Klinik an, wo mein Vater schon auf mich wartete.
Dort lag ich erst nochmal 2 Wochen auf der Intensivstation und dann weitere zwei Wochen auf der Normalstation. Dank intensiver Physiotherapie, netten Ärzten und Schwestern und natürlich dank meiner Eltern kam ich langsam wieder zu Kräften. Ich wurde richtig auf meine Medikamente eingestellt und nahm diese nach und nach oral. Nach 1 1/2 Wochen sagte der Arzt das ich nun nach Hause dürfe und das er mich an Weihnachten nicht mehr in der Klinik sehen möchte. 😂 Meine Eltern organisierten alles das ich nach Hause konnte und so wurde ich 4 Tage vor Weihnachten mit Krankenwagen nach Hause gefahren. Die Fahrt war sehr anstrengend und dauerte 3 Stunden, aber ich war so glücklich endlich wieder zu Hause zu sein.
Ich hatte mehrere Monate lang ein Pflegebett im Wohnzimmer da ich am Anfang noch keine Treppen steigen konnte, musste viele Medikamente nehmen und mein Hausarzt schaute regelmäßig bei mir vorbei. Es hat lange gedauert, bis ich mich einigermaßen erholt habe, fast 1 1/2 Jahre und ich bin immer noch nicht auf dem Level, wo ich davor einmal war. Aber ich freu mich über jeden kleinen Erfolg. Aber ich bin froh, dass ich das überlebt habe und das es mir seit einem halben Jahr endlich wieder einigermaßen gut geht.
In dieser gesamten Zeit waren meine Eltern Tag und Nacht bei mir. Sie haben sich damals eine kleine Ferienwohnung in der Nähe des Krankenhauses genommen, um die ganze Zeit bei mir sein zu können. Ich bin ihnen so dankbar dafür. Ohne sie hätte ich das nicht geschafft. ❤️
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